Von Hanna Seydel und Stefan Baars (TU Dortmund)
Die Planerladen gGmbH arbeitet seit 1982 in unterschiedlichen Bereichen der stadtteilbezogenen Gemeinwesenarbeit. Im Rahmen des vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU geförderten Projekts INKLUDO 2.0 ist er auch in den Bereichen Konfliktvermittlung, Mediation und Prävention tätig. Zu den Schwerpunkten dabei gehören u.a. Unterstützung für Menschen in prekären Wohnverhältnissen sowie die Förderung von Begegnung, Austausch und Dialog in der Dortmunder Nordstadt. Im Rahmen von LoKoNet ist der Planerladen Praxispartner des Verbundprojektes.
Wie war dein Eindruck von unserer ersten LoKoNet Travelling Konferenz, und was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
Positiv ist mir die große Bandbreite an Themen – von Berichten aus der Praxis bis hin zu theoretischen Überlegungen über die Erzählung von Geschichten – in Erinnerung geblieben. Trotz dieser Spannweite gab es immer auch eine Verknüpfung zum Thema Konflikt und der Konfliktforschung. Für mich war das irgendwie ein stimmiges Gesamtbild. Ich hatte das Gefühl überall Anknüpfungspunkte zu unserer Arbeit zu haben.
Wo genau liegen diese Anknüpfungspunkte?
Wir arbeiten viel in Konfliktfeldern, die drängend sind, wo Menschen zum Beispiel Konflikte mit ihrem Vermieter haben, der sich nicht kümmert, und die jetzt gerade ohne Heizung dastehen. In so einem Umfeld haben wir im Alltag oft wenig Zeit zu reflektieren oder über Konflikttheorien nachzudenken. Durch so eine Konferenz hat man die Möglichkeit, etwas Abstand zu gewinnen. Teilweise sind mir alte Fälle durch den Kopf gegangen, weil ich an Diskussionen anknüpfen konnte. So hieß es z. B. zu Beginn, Konflikte hätten meistens keinen Anfang und kein Ende und seien komplex. Wir sind oft mit Menschen in Kontakt, die nach einfachen Lösungen fragen, oder wir selbst denken, wir müssten einfache Lösungen präsentieren, wenn es um Konfliktvermittlung geht. Meistens lässt sich aber nicht sagen: hier fängt der Konflikt an, da hört er auf und dazwischen gibt es eine pauschale Vorgehensweise. In der Anerkennung der Komplexität von Konflikten als Grundvoraussetzung für die Vermittlung konnte ich mich also gut wiederfinden.
Auch beim Vortrag von Bernd Rieche (Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden) habe ich viele Parallelen zu unserer Arbeit gesehen. Obwohl unser Projekt INKLUDO 2.0 relativ einzigartig gestrickt ist, haben wir eine ähnliche Herangehensweise, eine Kombination aus allparteilicher Moderation, Vermittlung von Konfliktkompetenz und Empowerment. Das Thema Empowerment finde ich dabei sehr relevant. Ich finde es wichtig, wegzukommen von einer Konfliktvermittlung, die sich nur als allparteiliche, neutrale Moderation und Beratung sieht. Aus meiner Sicht gehören die Unterstützung und das Empowerment von Benachteiligten und von denen, die in einem Konfliktfall erkennbar schwächer sind, mit dazu. Es gibt einfach Konstellationen, wo ich mich für die Schwächeren einsetzen muss und über eine Mediatorrolle hinausgehe. Das fand ich einen wichtigen Aspekt, den man aus unserer Sicht auf unsere Arbeit heraus vielleicht sogar noch stärker betonen müsste.
Welche Erfahrungen gibt es beim Planerladen mit Wissenschafts-Praxis-Kooperationen?
Wir sind aus der Universität heraus entstanden und kooperieren mit der Wissenschaft, seit es den Planerladen gibt. In den letzten Jahren sind wir verstärkt z. B. an Forschungsprojekten beteiligt, die sich mit der Zuwanderung in die Nordstadt und der Thematik der Ankunftsstadtteile befassen. Als Einrichtung ist uns schon immer wichtig gewesen, dass wir nicht nur die Arbeit vor Ort machen, sondern immer auch den Kontakt zur Forschung und auch zur Lehre halten. Sich die Zeit zu nehmen, die eigene Arbeit zu reflektieren und auch mit Perspektiven von außen abzugleichen, das ist ein großer Mehrwert.
Vielen Dank!